Mieterhöhung in Berliner Wohngemeinschaft: Rechtsstreit und Urteil
Im deutschen Mietrecht stellt sich oft die Frage, wie die ortsübliche Vergleichsmiete bestimmt wird und inwiefern eine Mieterhöhung zulässig ist. Dies kann besonders bei Wohnungen mit mehreren Mietern, z.B. in Wohngemeinschaften, komplex werden. Ein Aspekt dabei ist die Anwendung des Mietspiegels zur Ermittlung der ortsüblichen Miete. Konkret geht es um die Frage, wie Merkmale der Wohnung wie Bad und Küche in die Berechnung einfließen und ob die gemeinsame Nutzung dieser Bereiche durch mehrere Personen einen Einfluss auf die Beurteilung der Wohnqualität hat. Ein weiterer Aspekt betrifft die Berücksichtigung der Quadratmeterzahl der gesamten Wohnung im Vergleich zur von der betroffenen Person gemieteten Fläche. Diese Themen weisen auf umfassendere Fragen hin, wie etwa das Verhältnis zwischen Mietpreis und Wohnqualität sowie die Anwendung und Interpretation von Mietspiegeln in Mietrechtsstreitigkeiten. Die vorliegende Analyse stellt einen Betrachtungsversuch dieser komplexen juristischen Materie dar.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Bei einer Mieterhöhung in Berliner Wohngemeinschaften ist die ortsübliche Vergleichsmiete maßgeblich, welche durch den Berliner Mietspiegel bestimmt wird. Die Vergleichsmiete basiert auf der Gesamtfläche der Wohnung und nicht nur auf dem spezifischen, vom Mieter genutzten Raum.
Die wichtigsten Punkte des Urteils:
- Die ortsübliche Vergleichsmiete ist entscheidend bei Streitigkeiten über Mieterhöhungen.
- Die gesamte Wohnfläche und nicht nur der vermietete Raum eines Mieters ist relevant für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete.
- Die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung ist geeignet, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen.
- Individuelle Merkmale einer Wohnung, wie die Größe des Badezimmers oder die Ausstattung der Küche, spielen eine Rolle bei der Bewertung des Wohnwerts und beeinflussen somit die Miethöhe.
- Die gemeinschaftliche Nutzung von Räumen in Wohngemeinschaften beeinflusst nicht negativ die Bewertung des Wohnwerts.
- Bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete wird ein Mittelwert von 6,84 Euro/m² zugrunde gelegt, auf dessen Basis ein Zuschlag berechnet wird.
- Die Klägerin kann Mieterhöhungen bis zu einer Kappungsgrenze geltend machen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden.
Übersicht
Die Herausforderungen einer Mieterhöhung in Wohngemeinschaften
Im Kern handelt es sich hier um einen juristischen Streitfall, in dem eine Vermieterin eine Mieterhöhung durchsetzen möchte. Die Beklagte ist Mieterin eines 24,56 m² großen Zimmers in einer Wohngemeinschaft, die insgesamt drei Mieter umfasst und eine Gesamtfläche von 126 m² aufweist. Diese Wohngemeinschaft befindet sich in einem Mehrfamilienhaus in Berlin und die Vermieterin hat die Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete für das angemietete Zimmer verlangt.
Argumente gegen die Mieterhöhung: Was sagt die Beklagte?
Die rechtliche Auseinandersetzung ergibt sich aus der Weigerung der Beklagten, dieser Mieterhöhung zuzustimmen. Sie argumentierte dabei, dass die Gesamtfläche der Wohnung sowie einzelne Merkmale wie Bad und Küche von allen Mietern genutzt werden, weshalb die Merkmalsgruppen Bad/WC und Küche bereits deswegen negativ zu bewerten seien. Zudem befände sich die Wohnung in einer besonders lärmbelasteten Lage, was als Negativmerkmal berücksichtigt werden sollte.
Wie wird die ortsübliche Vergleichsmiete berechnet?
Das rechtliche Problem besteht darin, die ortsübliche Vergleichsmiete für das angemietete Zimmer zu berechnen und zu bestimmen, ob und in welchem Umfang eine Mieterhöhung zulässig ist. Dies erfordert eine genaue Analyse und Bewertung der konkreten Wohnsituation und der jeweiligen Wohnungsausstattung unter Berücksichtigung des Mietspiegels. Der Mietpreis wird nämlich nach der Quadratmeterzahl der gesamten Wohnung und nicht nur des von der Beklagten gemieteten Zimmers berechnet.
Das Urteil: Mieterhöhung basierend auf dem Berliner Mietspiegel 2021
Das Gericht hat dazu entschieden, dass die Vermieterin einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung hat. Basis hierfür war der Berliner Mietspiegel 2021. In der Urteilsbegründung wurde ausgeführt, dass die ortsübliche Vergleichsmiete auf die gesamte Wohnfläche anzuwenden ist und nicht nur auf den Anteil der Beklagten. In Bezug auf die Ausstattung der Wohnung wurde festgestellt, dass Merkmale wie Bad und Küche unabhängig von der Mitbenutzung durch andere Personen die Wohnqualität erhöhen. Daher wurde die Klage überwiegend für begründet erklärt und die Beklagte zur Zustimmung zur Mieterhöhung verurteilt.
Die Entscheidung stützt sich unter anderem auf die Tatsache, dass das Bad und die Küche objektive Merkmale darstellen, die als wohnwertsteigernd gelten. Sie bleiben unabhängig von der Anzahl der Mitbewohner bestehen. Interessanterweise hat das Gericht festgestellt, dass die Wohnung nicht als Gesamtheit vermietet wird, sondern Zimmer für Zimmer, was für die Anwendung des Mietspiegels kein Hindernis darstellt.
Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen, da es ein Präzedenzfall sein könnte und die Grundlage für künftige ähnliche Fälle bieten könnte. Es unterstreicht, dass die gemeinschaftliche Nutzung einer Wohnung, beispielsweise in einer Wohngemeinschaft, nicht automatisch zu einer negativen Bewertung der Wohnqualität führt.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was ist die „ortsübliche Vergleichsmiete“ und wie wird sie ermittelt?
Die „ortsübliche Vergleichsmiete“ ist ein Begriff aus dem deutschen Mietrecht und bezeichnet die Miete, die für vergleichbaren Wohnraum in der Gemeinde oder der Region üblich ist. Sie wird in § 558 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt und bildet die Grundlage für Mietpreisanpassungen und Mieterhöhungen.
Die ortsübliche Vergleichsmiete wird aus den Mietbeträgen gebildet, die am Standort der Mietimmobilie oder in einer ähnlichen Gemeinde in den letzten sechs Jahren durchschnittlich für vergleichbaren Wohnraum gezahlt oder angepasst wurden. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, darunter die Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der Wohnung, einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit. Wohnungen, die einer Mietpreisbindung unterliegen, wie beispielsweise Sozialwohnungen, werden bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht berücksichtigt.
Die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete kann auf verschiedene Weisen erfolgen. Eine Möglichkeit ist die Nutzung eines Mietspiegels, der eine Übersicht über die ortsüblichen Mieten bietet. Alternativ kann die Vergleichsmiete auch durch die Auskunft einer Mietdatenbank, durch ein Gutachten eines Sachverständigen oder durch den Vergleich mit drei anderen Wohnungen vor Ort ermittelt werden.
Die ortsübliche Vergleichsmiete spielt eine wichtige Rolle bei Mietpreisanpassungsanträgen. Vermieter können eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört beispielsweise, dass die Miete in den letzten 15 Monaten nicht erhöht wurde und dass die Mieterhöhung nicht mehr als 20 Prozent in drei Jahren beträgt. Bei einer Neuvermietung muss eventuell die sogenannte Mietpreisbremse beachtet werden, die besagt, dass die Miete höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf.
Die ortsübliche Vergleichsmiete dient somit als Orientierung für Mieter und Vermieter und trägt zur Regulierung des Mietmarktes bei. Sie stellt sicher, dass Mieten in einer bestimmten Region auf einem vergleichbaren Niveau liegen und verhindert übermäßige Mietsteigerungen.
Das vorliegende Urteil
AG Berlin-Mitte- Az.: 16 C 217/22 – Urteil vom 13.10.2023
In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Mitte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2023 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für das Mietverhältnis der Wohnung Ws. 67, in Berlin, im 2. OG links, Zimmer links, von 315,00 Euro um 47,25 Euro auf 362,25 Euro zzgl. Nebenkostenvorschuss für die Zeit ab dem 01.05.2022 zuzustimmen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
5. Der Streitwert wird auf 569,52 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Ws. 67, in Berlin und der im 2. OG links des Gebäudes gelegenen streitgegenständlichen 126 m² großen Wohnung. Die Beklagte ist seit dem 01.03.2018 Mieterin eines 24,56 m² großen Zimmers in der vorbenannten Wohnung, wobei die anteilige Nutzung der Gemeinschaftsflächen von insgesamt 52,29 m² durch die Beklagte vereinbart ist. Neben der Beklagten leben noch zwei weitere Personen in der Wohnung, die jeweils ein eigenes Zimmer haben und die Gemeinschaftsflächen ebenfalls anteilig nutzen. Diese weiteren Personen hat die Beklagte nicht selbst als Mitbewohner:innen ausgewählt. Seit Mietbeginn schuldet die Beklagte eine monatliche Netto-Kaltmiete von 315,00 Euro. Die Wohnung war erstmals vor 1918 bezugsfertig und befindet sich in mittlerer Wohnlage. Die Wohnung verfügt über Bad und Sammelheizung.
Mit Schreiben vom 18.02.2022 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der Netto-Kaltmiete um 47,46 Euro auf 362,46 Euro. Sie legte ihrem Mieterhöhungsverlangen mehrere Vergleichswohnungen sowie den Berliner Mietspiegel 2021 zu Grunde. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K2, Bl. 9 ff. d.A., verwiesen.
Das Bad der Wohnung ist größer als 8 m² und verfügt über hochwertige Wandbekleidung und Bodenbelag. Es verfügt über ein wandhängendes WC mit in der Wand eingelassenem Spülkasten.
Die Wohnung verfügt über eine separate Küche mit mindestens 14 m² Grundfläche, einer Dunstabzugshaube und einem Kühlschrank.
Innerhalb der Wohnung befindet sich ein Abstellraum. Es gibt einen wohnungsbezogenen Kaltwasserzähler.
Die Klägerin behauptet, die Kosten für den wohnungsbezogenen Kaltwasserzähler werde nicht über die Betriebskosten auf die Beklagte umgelegt. In der überwiegenden Anzahl der Wohnräume gebe es aufwändige Deckenverkleidung in Form von Stuck. Im Keller des Gebäudes befinde sich ein abschließbarer leicht zugänglicher Fahrradabstellraum. Zudem befänden sich im Innenhof ausreichend dimensionierte Fahrradabstellplätze mit Anschließmöglichkeit. Der Instandhaltungszustand des Gebäudes sei überdurchschnittlich gut. Der Energieverbrauchskennwert sei kleiner als 120 kWh/(am²). Das Wohnumfeld auf dem Grundstück sei aufwändig gestaltet.
Die Klägerin beantragt, der Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für das Mietverhältnis der Wohnung Ws. 67, in Berlin, im 2. OG links, Zimmer links, von 315,00 Euro um 47,46 Euro auf 362,46 Euro zzgl. Nebenkostenvorschuss für die Zeit ab dem 01.05.2022 zuzustimmen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, das Wohnumfeld befinde sich in einer besonders lärmbelasteten Lage. Sie meint, die Merkmalgruppen Bad/WC und Küche seien bereits deswegen negativ zu bewerten, weil die beiden Räume von allen drei Mietern genutzt werden.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet.
I.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung im tenorierten Umfang gemäß § 558 Abs. 1 BGB.
1. Das Mieterhöhungsverlangen vom 18.02.2022 ist formell wirksam erklärt, § 558a Abs. 1 BGB.
Insbesondere ist die begehrte erhöhte Miete betragsmäßig ausgewiesen und zur Begründung unter anderem auf den bei Ausspruch des Erhöhungsverlangens geltenden Mietspiegel 2021 verwiesen sowie eine Mietspiegelabfrage beigefügt. Die Klägerin hat die Klagefrist des § 558b Abs. 2 BGB eingehalten.
2. Unter Anwendung des Berliner Mietspiegels 2021 beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete 8,68 Euro/m² (364,56 Euro/Monat). Unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze von 15 % gem. § 558 Abs. 3 BGB i.V.m. der Kappungsgrenzenverordnung Berlin beträgt die höchstzulässige monatliche Nettokaltmiete 362,25 Euro.
Im Einzelnen:
a) Zum Zeitpunkt des Mieterhöhungsverlangens war die Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung seit 15 Monaten nicht erhöht (§ 558 Abs. 1 BGB).
b) Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zieht das Gericht im Rahmen seines Schätzungsermessens nach § 287 ZPO den Berliner Mietspiegel 2021 heran. Dieser ist auf der Grundlage der wirksam erlassenen Berliner Mietenbegrenzungsverordnung geeignet, um für die streitgegenständliche Mietsache die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen. Der Umstand, dass die Wohnung nicht als Gesamtheit, sondern Zimmer für Zimmer an einzelne Nutzer vermietet wird, stellt einen sachlichen Grund für die Nichtanwendung des Mietspiegels und die Einholung eines Sachverständigengutachtens wegen angenommener Zugehörigkeit der Wohnung zu einem besonderen Teilmarkt nicht dar (LG Berlin, Beschluss vom 11.07.2022 – 64 S 89/21; i.Erg. so auch AG Berlin-Kreuzberg BeckRS 2022, 48916, bestätigt von LG Berlin BeckRS 2023, 15281).
c) Maßgeblich für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist vorliegend das Feld K1 des Berliner Mietspiegels 2021 mit einer Spanne von 4,93 Euro/m² bis 9,91 Euro/m² bei einem Mittelwert von 6,84 Euro/m². Es ist für die Bestimmung des Mietspiegelfeldes die Wohnfläche der gesamten Wohnung (126 m²) und nicht nur der auf die Beklagte entfallende Anteil zugrunde zu legen. Denn die Anmietung eines einzelnen Zimmers mit gemeinsam genutzten Flächen – noch dazu, wie hier, mit nicht selbst ausgewählten Mitbewohner:innen – ist vom Komfort her nicht gleichzusetzen mit einer kleinen Einzimmerwohnung, für die die Mietspiegelgruppen A bis C gelten und entsprechend höhere Mieten verlangt werden können.
d) Ausgehend von dem Mittelwert von 6,84 Euro/m² ist ein Zuschlag von 60 % der Differenz zwischen Mittel- und Spannenoberwert zu machen, da die Merkmalgruppen 1 bis 4 der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung positiv zu bewerten sind und dem nur eine negative Merkmalgruppe (Gruppe 5) gegenübersteht.
(1) Die Merkmalgruppe 1 (Bad/WC) ist positiv zu bewerten. Unstreitig verfügt das Bad über drei wohnwerterhöhende Merkmale (größer als 8 m², hochwertige Wandbekleidung und Bodenbelag, wandhängendes WC mit in der Wand eingelassenem Spülkasten). Dem Argument der Beklagtenseite, die Merkmalgruppe Bad sei allein deswegen negativ zu bewerten, weil die Beklagte es mit zwei weiteren Personen teilen müsse, folgt das Gericht nicht. Die Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung des Berliner Mietspiegels 2021 legt objektive Merkmale fest, die als wohnwertmindernd oder wohnwerterhöhend gelten. Auf die konkrete Zusammensetzung der Personen in der Wohnung kommt es hierbei nicht an. Der Vorteil beispielsweise eines großen Bades kommt der Person, die es benutzt, unabhängig davon zugute, ob sie alleine in der Wohnung lebt oder sich die Wohnung mit anderen Personen teilt. Sähe man dies anders, wäre jede gemeinschaftliche Nutzung einer Wohnung, beispielsweise auch durch ein Paar oder eine Familie, potenziell negativ zu bewerten. Denn auch wenn die Mieter:innen sich – anders als es vorliegend offenbar der Fall ist – die Mitmieter:innen selbst ausgesucht haben, ist dennoch eine Absprache und Aufteilung erforderlich, was die Nutzung von Gemeinschaftsflächen wie dem Bad angeht. Die Tatsache, dass die Beklagte sich die Gemeinschaftsflächen mit anderen Personen teilt, findet zudem bereits Berücksichtigung bei der Bestimmung der Wohnfläche, auf die der Quadratmeterpreis angewendet wird (s.u.).
(2) Die Merkmalgruppe 2 (Küche) ist positiv zu bewerten. Unstreitig verfügt die Küche über drei wohnwerterhöhende Merkmale (separate Küche mit mindestens 14 m² Grundfläche, Dunstabzugshaube, Kühlschrank). Allein durch die gemeinsame Nutzung mit anderen Personen ist die Merkmalgruppe nicht negativ zu bewerten. Es gilt das zur Merkmalgruppe 1 (Bad) Gesagte: die Vorteile, die sich aus den wohnwerterhöhenden Merkmalen betreffend die Küche ergeben, bestehen für die Beklagte unabhängig davon, dass sie diese gemeinschaftlich mit anderen Personen nutzt.
(3) Die Merkmalgruppe 3 (Wohnung) ist positiv zu bewerten. Unstreitig befindet sich innerhalb der Wohnung eine Abstellkammer (siehe auch Grundriss der Wohnung, Anlage B1, Bl. 38 d.A.).
Wohnwertmindernde Merkmale sind nicht vorgetragen. Auf die weiteren klägerseits vorgetragenen wohnwerterhöhenden Merkmale (wohnungsbezogener Kaltwasserzähler, aufwändige Deckenverkleidung in Form von Stuck) kommt es daher nicht mehr an.
(4) Die Merkmalgruppe 4 (Gebäude) ist positiv zu bewerten. Das Gebäude verfügt über einen Energieverbrauchskennwert kleiner als 120 kWh/(m²a). Die Klägerseite hat eine Kopie sowohl des Energieausweises vom 20.04.2023 (Bl. 117 ff. d.A.) als auch desjenigen vom 06.03.2009 (Bl. 167 f. d.A.) vorgelegt. Aus dem Energieausweis vom 06.03.2009 geht ein Energieverbrauchskennwert von 99 kWh/(m²a) hervor, aus dem Energieausweis vom 20.04.2023 ein Endenergieverbrauch von 102,50 kWh/(m²a) und ein Primärenergieverbrauch von 112,75 kWh/(m²a). Die Beklagte hat gegen die Werte des Energieausweises vom 06.03.2009, in welchen sie und ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2023 Einsicht erhalten haben, keine Einwände erhoben. In der Zusammenschau der Werte ergibt sich ein Energieverbrauchskennwert für den Zeitpunkt des Zustimmungsverlangens (Februar 2022) von jedenfalls nicht über 120 kWh/(m²a). Auf die behaupteten wohnwerterhöhenden Merkmale (abschließbarer leicht zugänglicher Fahrradabstellraum bzw. Fahrradabstellplätze mit Anschließmöglichkeit sowie überdurchschnittlich guter Instandhaltungszustand) kommt es mithin nicht mehr an.
(5) Die Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) ist negativ zu bewerten.
Die Wohnung liegt in einer besonders lärmbelasteten Lage. Es handelt sich bei der Ws. 67 um eine verkehrslärmbelastete Adresse nach dem Straßenverzeichnis zum Berliner Mietspiegel 2021. Dies stellt ein Indiz für eine besonders lärmbelastete Lage dar. Entsprechend ist auch die Klägerin in der Anlage zu ihrem Mieterhöhungsschreiben vom Vorliegen dieses Negativmerkmals ausgegangen. Die Indizwirkung hat die Beklagte nicht entkräftet. Sie hat im Prozess bereits nicht ausdrücklich bestritten, dass es sich um eine besonders lärmbelastete Lage handelt, sondern lediglich vorgetragen, die Ws. sei entgegen des Vortrags der Beklagten nur einspurig in jeder Richtung.
Dem Negativmerkmal der besonders lärmbelasteten Lage steht kein Positivmerkmal gegenüber. Ein aufwändig gestaltetes Wohnumfeld auf dem Grundstück ist nicht gegeben. Als Beispiele für dieses Merkmal nennt der Mietspiegel einen Kinderspielplatz, Sitzbänke oder Ruhezonen, gute Gehwegbefestigung mit Grünflächen und Beleuchtung. Die genannten Einzelmerkmale müssen jeweils aufwändig gestaltet sein (LG Berlin, BeckRS 2013, 12627 und BeckRS 2016, 5785). Aus dem Vortrag der Klägerseite ergibt sich dies bereits nicht. Vorgetragen werden Ruhebänke an und in der Grünfläche und Spielflächen für Kinder. Auch aus den als Anlage K10 eingereichten Lichtbildern (Bl. 123 d.A.) ergibt sich kein aufwändig gestaltetes Wohnumfeld. Es handelt sich um einen gewöhnlichen Berliner Innenhof mit einem Stellplatz für Mülleimer und einer kleinen Sitzbank.
e) Die so ermittelte ortsübliche Vergleichsmiete von 8,68 Euro/m² ist vorliegend auf eine Wohnfläche von 42 m² anzuwenden. Die Parteien haben zuletzt unstreitig gestellt, dass das Zimmer der Beklagten eine Wohnfläche von 24,56 m² hat. Hinzuzurechnen ist der mitvermietete Anteil an den Gemeinschaftsflächen, wobei die gesamte Gemeinschaftsfläche durch die Anzahl der einzeln vermieteten Zimmer zu teilen ist (so auch LG Berlin BeckRS 2023, 15281 Rn. 26 und 27). Dies ergibt bei einer unstreitigen Gemeinschaftsfläche von 52,29 m² und drei Zimmern einen Anteil an der Gemeinschaftsfläche für die Beklagte von 17,43 m².
Addiert man diesen Wert mit der Fläche für das Zimmer von 24,56 m², ergibt sich eine Gesamtfläche von 41,99 m², aufgerundet 42 m².
Dies entspricht im Übrigen auch der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche (Anlage K1, Bl. 5 d.A.).
Es ergibt sich eine ortsübliche Vergleichsmiete von 364,56 Euro, welche jedoch aufgrund der Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB i.V.m. der Kappungsgrenzenverordnung Berlin auf 115 % der bisherigen Miete von 315,00 Euro, mithin 362,25 Euro zu deckeln ist.
Soweit die Klägerin darüberhinausgehend die Zustimmung zur Erhöhung der Miete auf 362,46 Euro verlangt, ist die Klage abzuweisen.
f) Die Beklagte schuldet eine Zustimmung zur Erhöhung der Miete mit Beginn des dritten Kalendermonats ab dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens, vorliegend ab dem 01.05.2022 (§ 558b Abs. 1 BGB).
II.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert richtet sich nach § 41 Abs. 5 S. 1 GKG.